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Stéphane Querrecs filmische Arbeiten folgen einem strengen konzeptuellen Muster, wobei Fragen nach der eigenen Identität, die der Sprecherfiguren seiner Filme und das Verhältnis dieser Parameter zueinander die inhaltlichen Ankerpunkte bilden.
Die drei von 2005 bis 2008 in einem formal reduzierten Rahmen der künstlerischen Ausdrucksmittel fertig gestellten Arbeiten FLOW, BLOW und FLAW präsentieren jeweils eine Protagonistin vor neutralem Grund, die monologisch einen kaum zuzuordnenden Text vorträgt. Die inhaltlichen Aspekte, die Querrec interessieren, entfalten sich in einer dreiteiligen Stufung. Zum einen offenbaren die vorgetragenen Texte die gesamte Bandbreite unterschiedlicher Texttypen, denen man in Alltagsbeziehungen begegnet. Auf einer weiteren Ebene erscheinen die Präsenz der Figuren im Bild und die dabei evozierte offensive Adressierung des Betrachters als zentrales Motiv, ohne dabei auf einer dritten Reflexionsebene die Funktion und Integrität der Sprecherfigur zu erklären. Dies rückt zugleich die Funktion der Kamera als Instrument der künstlerischen Vermittlung ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Alle drei Aspekte beziehen sich auf Grundmuster unserer Kommunikation und Welterfahrung, die heute zumeist medial vermittelt erfolgt. Die intensive Präsenz der Darstellerinnen kann aus der Betrachterposition heraus als unangenehm und bedrohlich empfunden werden, da die Identität der Protagonistinnen und die Stellung des Betrachters durch die inhaltlich auseinander tretenden Texte nicht klar bestimmt werden. Aus dieser Dissoziation heraus ergibt sich auf Seiten des Betrachters eine weitere Brechung mit den assoziativen Zuordnungen, die man als Gegenüber der Person im Bild aus einem unbewussten Impuls heraus anstrebt. Wer ist die Person im Bild, in welcher Verbindung steht sie mit den vorgetragenen
Texten? Was motiviert das Vortragen der Texte? Diese Fragen lassen sich kaum beantworten, auch wenn man sich dem Versuch nicht erwehren kann, diese immer wieder neu zu stellen. Das Auseinandertreten von Textinhalt und Texttyp, der Protagonistinnen im Bild und der Motivation des Aktes der Präsentation halten die Arbeiten Querrecs in einer eigentümlichen Spannung, die auf den Betrachter auch als Provokation wirken kann.
In allen drei Filmen der Serie, FLOW, BLOW und FLAW, versuchen die Figuren im Bild Aufmerksamkeit zu erzeugen, die nicht zuletzt durch die assoziativen und teilweise expliziten Textsequenzen aufgebaut wird.
Die intensive Stimmung und Präsenz, welche die Arbeiten durch ihre kaum wahrnehmbaren Verschiebungen zu Alltagssituationen oder zu vorhersehbaren Reaktionen und Verhaltensmustern der handelnden Personen evozieren, brechen damit bekannte und klar zuzuordnende Kommunikationskontexte. Die Brechung führt im Betrachter immer wieder zu einer Entfremdung mit der Protagonistin, einem Scheitern der Betrachter-Bild Beziehung und einem fortwährenden Infragestellen der Sinnstiftung der Erzählstränge. Diese Verschiebung bekannter und zumeist aufgrund von Automatismen hergestellter Sinnzusammenhänge verweist auf die komplexen Ebenen unserer medial geprägten Wahrnehmung, deren Oberflächlichkeit zumeist erst im Scheitern - wie es die ästhetische Erfahrung der Arbeiten Querrecs provoziert - offensichtlich wird.
Dieses Scheitern und das Hervortreten der Befragung unserer basalen Bestimmungen des Individuellen verweisen dabei immer wieder auf eine Infragestellung der Subjektkonstitution der Protagonistinnen der Filme, deren Identität allein durch ihre Präsenz und die vorgetragenen Monologe nicht greifbar werden. Die Automatismen, anhand derer man versucht aus der faktischen Präsenz der Person und den Sprechinhalten eine Identität der Person zu skizzieren, wird in Querrecs Anordnungen immer wieder bewusst unterlaufen und motiviert im Kontext der ästhetischen Erfahrung eine generelle Sensibilisierung auf die jeweils eigenen Konstituenten der Subjektbildung.
Stéphane Querrec wurde 1979 in Biarritz geboren und lebt und arbeitet in London. Seine Arbeiten sind seit 2005 in internationalen Ausstellungen zu sehen und wurden unter anderem bei Bonnefantenmuseum, Maastricht, Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien, 2nd Edition Artist Screening Beauvoir, London, Bonner Kunstverein, Bonn, Cinema MK2 Bibliothèque François Mitterand, Paris und The Willow Pump Station Gallery, Houston präsentiert. 2008 erhielt er ein Arbeitsstipendium der Kingston University London und Jan van Eyck Academie, Maastricht.